Dies Domini – 13. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Wer sich einmal seinen Kalender mit den Eintragungen des vergangenen Jahres ansieht – falls er einen solchen führt – und ihn mit seinen Erinnerungen an frühere Jahre vergleicht, der wird oft die Feststellung machen, dass unser Leben aus Zeiten der eher alltäglichen Beschäftigungen und anderen Zeitabschnitten besteht, dass da ein Kommen und Gehen von wichtigen und weniger wichtigen Terminen und Verabredungen ist, eine Art Gezeitenwechsel von Ebbe und Flut, mal ist Schützenfest, mal nicht, mal ist die Familie im Weihnachtsstress, mal ist Sommerurlaub und mal ist einfach Alltag.
Wer mit seiner Gemeinde jedenfalls noch ein wenig verbunden ist, der sieht, dass auch das Kirchenjahr von einem solchen atmenden Wechsel geprägt ist, von Festzeiten zum Weihnachtsfest und Ostern und den vielen „grünen“ Wochen des Kirchenjahres. Aber wenn man einmal genauer hinsieht, z.B. mit einem liturgischen Kalender, wie er ja auch im Internet einfach einzusehen ist, stellt man fest, dass die Kirche eigentlich aus dem Feiern kaum herauskommt. Mit all den Oktaven, Novenen und gebotenen Gedenktagen und Festen und Hochfesten mag da zwar auch manch aus der frühen Neuzeit herrührende Übertreibung feiern, aber durch die häufige Unterbrechung mit fröhlichen und weniger fröhlichen, aber doch jedenfalls festlichen Gedenken will die Kirche uns ein wenig Abglanz von zukünftigen Festen im Paradies geben. Und so konnten wir, kaum waren Christi Himmelfahrt und Fronleichnam verdaut, mit Johannistag und in dieser Woche mit dem Fest der Apostel Petrus und Paulus die schlimme, festlose Zeit zwischen Pfingsten und dem ersten Advent überbrücken. Gut, dass bald Sommerferien sind und wir dann bald Erntedank feiern können.
Fällt Ihnen was auf? Haben Sie auch bemerkt, wie sehr unser Jahresablauf – in einigen Landstrichen mehr, in manchen Stadtregionen weniger – von den Festzeiten beeinflusst werden, die wir im Kindergarten gelernt haben? Dieser Einfluss kann nicht leicht überschätzt werden, wenn wir auch sicher mehr durch die heutige Dauerverfügbarkeit von allem möglichen und unmöglichen beeinträchtigt werden, so bleibt doch ein Gerüst dieser wechselvollen Abfolge von Muße und Fest und Alltag.
Natürlich auch Zwang, „wieso soll ich Karneval feiern, nur weil alle das tun?“, aber eben doch auch gemeinschaftliche Orientierung und Hilfe.
Wenn wir, wie fortlaufend, immerfort unsere Gerüste entsorgen, so ist das natürlich eine ungeheure Befreiung von Konventionen, Regeln, Zwang, die wir oft nicht mehr einsehen mögen. Aber die Kehrseite ist natürlich die Notwendigkeit, uns nun ab sofort neu zu erfinden. Keinen Schutz mehr zu haben durch gesellschaftliches Herkommen, eingeübt in Elternhaus und Kindergarten und Schule. „Hat man schon immer so gemacht“, ist für den, der damit umzugehen weiß, eine womöglich grandiose Möglichkeit der Selbstverwirklichung. Aber für viele, denen das schwerfällt, eine herkulische Aufgabe, an der man auch scheitern kann. Es bliebe noch zu untersuchen, ob die gesellschaftlichen Zwänge der fünfziger Jahre mehr oder weniger „Glück“ für die Gesellschaft bedeutet haben, als die schrankenlose Freiheit der Überflussgesellschaft unserer Tage. Maß und Mitte scheint uns oft abhanden gekommen zu sein, wenn man den Anstieg der Drogenproblematik und den Geburtenrückgang ins Auge fasst.
Da ist es natürlich kein probates Allheilmittel, sich nun in die Vergangenheit zu sehnen, die ja auch erst in der Rückschau vergoldet wird, aber manchmal kann man sich vielleicht doch bei allen Zweifeln, Fragen und Selbstentwürfen, die man Tag für Tag von einem Menschen des 21. Jahrhunderts erwartet, auf eine einfache Wahrheit zurückziehen und einfach mal ausruhen.
„Du bist Petrus – der Fels -, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“ Man kann, – man muss nicht immer alle Einschränkungen und Vorbehalte mit im Blick haben, wenn man auch weiß, dass es sie gibt und dass sie immer wieder nach oben drängen, – auch einfach mal vertrauen:
„Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren, wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.“ (Mt 10,39)
Das soll nicht heißen, den Märtyrertod zu suchen und alle Kreuze unserer Tage gramgebeugt und schmerzerfüllt auf den eigenen Schultern zu spüren, sondern es heißt, im festen Vertrauen auf Christus mein Leben aus seiner Hand geschenkt empfangen und wissen
„dass Christus, von den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod hat keine Macht mehr über ihn.“ (Röm 6,9)
Das kann ein Fixpunkt unseres Lebens sein, der Fluchtpunkt, auf den alles zuläuft, zu dem unsere Gebräuche, Riten, Regeln und Gebote hinführen wollen und nur insoweit auch Berechtigung haben. Nicht als Zwang, als Befehl, mit Druck, sondern als Einladung, als Hinweis auf etwas Großes, Unverfügbares.
Dieses Gottvertrauen kann auch in unseren Tagen die Oberhand behalten, auch wenn’s oft nicht leicht fällt. Das wünsche ich Ihnen von Herzen
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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